02
Apr

5 Tipps für das Einführen von Selbstorganisation in Teams

Ich bekomme recht viele Fragen auf meinem Blog, per E-Mail oder Facebook, wo mich Personen zu Themen wie Digitalisierung, agile Organisationen und Wissensmanagement fragen.

Heute möchte ich auf die am häufigsten gestellte Frage eingehen: Wie kann Selbstorganisation im Unternehmen gelingen?

Erst einmal: Was versteht man unter Selbstorganisation?

Selbstorganisation ist die Fähigkeit, selbst spontan Lösungen zu Problemen zu finden. In Unternehmen spricht man von selbstorganisierten Teams. Das heißt die (besonders operative tägigen) Teams können bei auftretenden Probleme selbstbestimmt handeln und Lösungen finden. Nehmen Sie das Beispiel eine Reklamation eines Kunden. Inwieweit darf der Mitarbeiter selbst eine Lösung erdenken, dieses Problem ad hoc zu lösen? Wie viel Ressourcen stehen ihm bereit?

Die Frage, die dann dabei oft aufkommt, ist, ob das dann Anarchie bedeutet und ob Hierarchien komplett überflüssig werden.

Ganz klar: Nein. Anarchie bedeutet: das komplette Fehlen von Regeln. Selbstorganisation heißt: Fehlen von Autorität oder standardisierten Regeln. Eine gewisse Grundordnung und Handlungsrichtlinie ist erwünscht. Ich bin auch davon überzeugt, dass Hierarchien nach wie vor wichtig sind. Die Auslegung wird nur eine andere sein.

In Unternehmen, die die Vorteile von Selbstorganisationsprinzipien erkannt haben, werden die Mitarbeiter durch das Management befähigt, ihr Wissen und ihre Potenziale selbst einzubringen. Es herrscht eine Balance zwischen Delegation und Regeln, zwischen Kontrolle und Dinge geschehen lassen. Das Unternehmen geht dazu über, in kleinen vernetzten, kompetenzbasierten Teams zu arbeiten, die für sich genommen fast autark handeln können und in der Summe das große Ganze abbilden.

Das ist das Ideal. Nur wie gelingt das? Gibt es so etwas wie eine Anleitung?

In diesem Blogbeitrag möchte ich eine Orientierung geben, um mögliche Wege zu erkennen. Dabei gehe ich auf einige wichtige Aspekte ein –  ohne dabei den Anspruch auf Vollständigkeit zu haben.

 

1. Initiator im Unternehmen

In allen Unternehmen, in denen Selbstorganisation gelingt, haben die Inhaber entschieden, das Unternehmen künftig selbstorganisiert zu führen und durch die Führungskräfte führen zu lassen. Sie haben den Nutzen der neuen Arbeitsweise erkannt und stehen dahinter. Das ist ganz klar leichter, je kleiner das Unternehmen ist und die Geschäftsführung einen hervorragenden Überblick über die operativen Bereiche hat. Je größer das Unternehmen, desto komplexer ist der Transformationsprozess. Aber auch bei großen Unternehmen gilt die Devise zu Beginn immer in überschaubaren Bereich oder Projekt anzufangen. Schnittstellenprobleme zu nicht selbstorganisierten Bereiche müssen dann in Kauf genommen.  Langfristig darf der selbstorganisierte Bereich, Team oder Projekt keine Insel der Glückseligkeit bleiben. Will man jedoch die Transformation im gesamten Unternehmen auf einmal angehen, verzettelt man sich nur.

 

2. Herstellen einer guten Ausgangsbasis

Bei jeder Veränderung muss initial der neue Rahmen vorgegeben werden. Dem Team also nur zu sagen „Ihr organisiert euch jetzt selbst und entscheidet alles allein“, würde die Mitarbeiter überfordern. Denn letztendlich muss das Tagesgeschäft reibungslos weiter funktionieren. Daher muss der Übergang zur selbstorganisierten Arbeitsweise überlegt geregelt sein. Hierfür müssen am Anfang Prozesse und Strukturen als Orientierungsrahmen vorgegeben werden. Das klingt paradox: aber Selbstorganisation beginnt erst mal fremdbestimmt.

Es ist festzulegen, wie die Kollegen zukünftig miteinander entscheiden sollen (operative Ebene) und wie die Kolleginnen bei Bedarf diesen Rahmen selbst ändern und weiterentwickeln dürfen (organisationale Ebene).

Die bisherigen Führungskräfte müssen deutlich kommunizieren, welche Entscheidungen ab jetzt kollegial getroffen werden und wie dies zu tun ist. Dazu sollten auch operative und organisationale Prozesse und Strukturen zur Orientierung vorgegeben werden. Zum Beispiel Jour fixe jede Woche mit Entscheidungen im Konsens, Methoden zur Entscheidungsfindung oder organisationale Arbeitstreffen zu Themen wie Zusammenarbeit, Arbeitsweisen etc.

Die Mitarbeiter sammeln Erfahrungen und beginnen sukzessive eigene Ideen einzubringen, Dinge auszuprobieren und sich im Team zu organisieren. Im Übergangsprozess werden jedoch Trainings und Aufbau von Skills benötigt.

 

3. Skills aufbauen

Selbstorganisation geht mit neuen Führungsprinzipien daher. Darüber verfügt nicht jeder. Es ist viel Wissen und noch viel mehr Können erforderlich. Auch Mitarbeiter sind eine Welt gewohnt, in der sie fest zugewiesene Aufgaben in einem Spezialgebiet haben und jemand einen Rahmen vorgibt. Eine Linienorganisation gibt Sicherheit, die jetzt dem ersten Anschein nach wegfällt. Sorgen Sie also dafür, dass die notwendigen Skills und Fähigkeiten aufgebaut werden und schaffen Sie Klarheit, wie jeder seinen Aufgaben und seiner Verantwortung nachkommen kann.

 

4. Planvoll vorgehen

In den ersten Aspekten haben wir uns mit Strukturen und Prozesse beschäftigt. Aber wie kann man den Übergang zur Selbstorganisation planvoll gestalten?

Vorbereitung:

  • Motivation, das „Warum“, sachliche und rational nachvollziehbare Gründe und die Interessenlage der Inhaber kommunizieren
  • Vorteile für die Organisation und den Nutzen für die Mitarbeiter herausstellen
  • Definieren, was die Mitarbeiter benötigen
  • Grenzen und Möglichkeiten abstecken, was selbstorganisiert gestaltbar ist und was nicht

 

Konzeption mit Handlungsplan:

  • Reifegrad: wo steht das Unternehmen und wo wird am besten angesetzt, auf welchem Autoritäts-Level befinden sich die Führungskräfte, was sind die nächsten Schritte
  • Prozesse, Strukturen, Prinzipien für Ablauf- und Aufbauorganisation festlegen
  • Konsens bei den Mitarbeitern schaffen
  • Messbarkeit von Aufgaben und Tätigkeiten kommunizieren
  • Manifest und gemeinsame Werte verfassen

 

Einführung:

  • Zusammensetzung der Teams überprüfen: cross-funktionale versus interdisziplinäre Teams
  • Handlungsfähigkeit: sicherstellen, dass das Team alle Ressourcen und Kompetenzen hat, um handlungsfähig zu sein
  • Business verstehen: jedes Teammitglied muss das Business verstehen: Schlüsselaktivitäten, Kosten und Erlösquellen, Kundenanforderungen
  • Aufgabenbereiche und Handlungsrahmen der Mitarbeiter definieren (weg von starren Stellenbeschreibungen): was trägt jeder Mitarbeiter zur Wirtschaftlichkeit des Unternehmens und zur Erfüllung der Kundenanforderungen bei
  • Sukzessives und überlegtes Eliminieren von übergeordneten Regeln
  • Werte im Team gemeinsam festlegen und kommunizieren
  • Prozesse, Strukturen, Prinzipien ausprobieren
  • Ausgebildetes Moderationsteam und Multiplikatoren zum Übergang definieren, die am Anfang „anleiten“ und Änderungen am neuen Modell selbst vornehmen dürfen
  • Training aller Beteiligten
  • Sukzessives und überlegtes Eliminieren von übergeordneten Regeln

 

5. Technische Tools und Plattformen zur Kollaboration und kollaboratives Lernen

Technik kommt als letztes, ist aber ein genauso wichtiger Aspekt. Nicht zuletzt werden Technologie und Tools zur vernetzten Zusammenarbeit benötigt. Mangelt es an diesen Plattformen, suchen sich einzelne Mitarbeiter dann selbst Einzellösungen, wo sie ihre Informationen ablegen können. Somit entstehen wieder Informations- und Wissenssilos, die der Zusammenarbeit im Team entgegenwirken. Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten in einem Projekt und jeder legt Dokumente auf dem eigenen Laptop in unterschiedlichen Versionen ab? Oder es gibt zwar eingeführte Prozesse, regelmäßige Teammeetings abzuhalten, aber nicht-anwesende Mitarbeiter in verteilten ortsunabhängigen Teams haben keine technischen Möglichkeiten daran teilzunehmen?

 

Fazit

Nur Freiraum für selbstorganisierte Prozesse zu gewährleisten, funktioniert nicht. Initial sollten bestimmte Voraussetzungen und organisatorische Strukturen geschaffen werden – auch wenn Selbstorganisation zunächst paradoxerweise fremdbestimmt beginnt.

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